Seit gut einer Woche sind an zahlreichen Orten unserer Stadt bewaffnete Polizistinnen und Polizisten mit Maschinenpistolen zu sehen. Der Bundesinnenminister und der Berliner Innensenator haben die Öffentlichkeit informiert, dass es für Deutschland und insbesondere auch für unsere Stadt Berlin ernst zu nehmende Hinweise auf bevorstehende terroristische Anschläge gibt.
Wir, die Bürgerinnen und Bürger, wurden zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Bisher haben wir in Deutschland Terroranschläge, wenn überhaupt, kaum als eine reale Gefahr empfunden. Was solche Anschläge an Angst und Leid für das Leben der Menschen bedeuten, haben wir bisher nur aus anderen Ländern über Presse, Rundfunk und Fernsehen erfahren. Uns betreffende Drohungen ändern das Empfinden und beunruhigen verständlicherweise.
In dieser Situation erklären wir, Vertreter von Muslimen, Juden und Christen, gemeinsam öffentlich: Terroristische Anschläge sind durch nichts zu rechtfertigen. Sie sind Verbrechen gegen die Menschen und gegen menschliche Gemeinschaften. Kein politisches, religiöses oder weltanschauliches Ziel rechtfertigt Terroranschläge. Auch Anschläge gegen Gotteshäuser, seien es Kirchen, Synagogen oder Moscheen sind ebenso grundsätzlich abzulehnen und durch nichts zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang nennen wir die neuerlichen Angriffe gegen die Berliner Sehitlik – Moschee.
Wir, Vertreter von Muslimen, Juden und Christen, erklären gemeinsam öffentlich: Keine terroristische Aktion kann sich zu Recht auf irgendeine religiöse Überzeugung, Lehre, Tradition, Hoffnung auf jenseitige Belohnungen oder auf irgendein religiöses Ziel berufen.
Uns Muslime, Juden und Christen verbindet in den unterschiedlichen religiösen Verwurzelungen und Identitäten die Überzeugung, dass Allah, dass der Ewige, dass Gott Frieden auf Erden, Gemeinschaft und Glück aller Menschen will. Aus tiefer religiöser Überzeugung laden wir gemeinsam alle Menschen ein, daran mitzuwirken. Und wir bitten und beten darum, dass diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – meinen, terroristische Anschläge seien ein notwendiges Mittel zum Zweck, sich von diesem Weg abkehren. Auch und gerade für diejenigen, die zum terroristischen Umfeld gehören oder darüber Informationen haben, stehen wir jederzeit für seelsorgerliche – auch vertrauliche – Gespräche zur Verfügung.
Wir, Vertreter von Muslimen, Juden und Christen, danken den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern in Stadt und Land für Besonnenheit, wir danken den Polizistinnen und Polizisten für ihren verantwortungsvollen Dienst, und wir beten für alle, die diese besondere Verantwortung tragen.
Wir, Muslime, Juden, Christen, appellieren, nicht in Hysterie zu verfallen und niemanden unter Generalverdacht zu stellen. Das bestehende gesellschaftliche Miteinander und Füreinander darf nicht gefährdet werden. Wir schließen uns der Bitte zu Wachsamkeit und Besonnenheit an.
Bischof Dr. Markus Dröge, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky, Erzbistum Berlin
Lala Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin
Pröpstin Friederike von Kirchbach, Vorsitzende des Ökumenischen Rates Berlin – Brandenburg
Saadettin Pinarbas, Verband der Islamischen Kulturzentren e. V. (VIKZ Berlin)
Fatih Eroglu, Landesvorsitzender der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), Landesverband in Berlin e. V.
Berlin, den 26. November 2010