Skip to content

Die Falafels – ein palästinensisch-israelisch-deutsches Straßentheater

Gewinnrunde

2010 – Zweiter Preis
Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

Angefangen haben wir 2009 als eine palästinensisch-israelische Theatergruppe aus dem Schöneberger Norden. In diesem Gebiet wohnen viele Menschen palästinensischer Herkunft.

Projekt Informationen

netzwerk stadtraumkultur e.V.

Luckauer Str. 5
10969 Berlin

Karin Rieckmann, Ahmad Miari

http://in Arbeit

Erste vorsichtige beidseitige Gespräche begannen in der Zeit nach dem letzten Gaza-Krieg. Die laufenden Kriegsbilder der arabischen Sender hatten bei Kindern und Jugendlichen ihre Spuren hinterlassen und antisemitische Schimpfwörter wurden auf der Straße häufiger und lauter. Wie immer gab es bei der Beurteilung des Nahostkonflikts eine einseitige Schuldzuweisung und ein Schwarz-Weiß-Denken. Statt fundierter Kritik propagierten politische und religiöse Strömungen über ihre Medien permanent antisemitische oder islamkritische Sichtweisen.

Die Begegnungen von Jugendlichen beider Seiten wurde von netzwerk stadtraumkultur e.V. ermöglicht und so entstand im Mai 2009 die Theatergruppe „Die Falafels“.
„Es ist sehr schmerzhaft, aber nicht tödlich“ meinte einer unserer palästinensischen Darsteller im Interview mit dem Deutschlandfunk „wir müssen die Kommunikation und das friedliche Zusammenleben wagen, denn alles andere ist tödlich“. Gewagt werden sollte der erster Schritt auf diesem schwierigen Terrain mit einer gemeinsamen Theaterproduktion. Wir begannen einen Prozess des Lernens, dass gemeinsam und kooperativ handeln, sich aufeinander einlassen und verlassen, im Ergebnis etwas Befriedigendes und Wertvolles hervorbringt. Wichtig war für uns, mit Theater eine Form gefunden zu haben, dieses künstlerisch auszudrücken, nach außen zu transportieren, und andere zum Nachdenken zu bringen.

Einer von uns, Schüler des Jüdischen Gymnasiums, hatte ein Stück geschrieben. Es war für uns alle das erste Mal, dass wir Theater spielten.
Mit George Isherwood aus Amsterdam/Berlin konnten wir einen erfahrenen Regisseur gewinnen, der den künstlerischen Erfolg ermöglichte. Das Stück wurde gemeinsam mit ihm in eine dramaturgische Straßentheater-Form gebracht und vier Wochen lang geprobt.

Unsere erste Produktion wurde in 2009 im Interkulturellen „Garten der Künste“ und auf Straßenfesten mit viel Erfolg und Ausstrahlung in den Stadtteil aufgeführt. Wir tragen das Theater zu denen, die nicht ins Theater gehen. Dass unsere palästinensisch-israelische Theatergruppe ihre Premiere und ihren darin enthaltenen Appell an ein friedliches, kooperatives und gewaltfreies Miteinander auf dem Gelände des ehemaligen Sportpalastes in den Stadtraum trug, hat eine gewisse Symbolkraft.

2010:
Nach den Aufführungen in 2009 hatten sich weitere palästinensische Jugendliche für eine Mitarbeit gemeldet.
Wir beschlossen, uns regelmäßig 1x pro Woche zu treffen und arbeiteten mittels spielerischer Improvisation, Recherche und Gespräch.
Einer von uns Palästinensern schrieb die Idee eines neuen Stücks. Es handelt von Begegnungen zwischen Palästinensern und Israeli und wir setzten uns anhand dieses Stückes intensiv mit der Frage auseinander , was es heißt, Palästinenser oder Israeli zu sein, was es bedeutet, in einer von beiden Familien aufzuwachsen und was der Konflikt mit den Menschen macht und die Menschen mit dem Konflikt.
Wir setzten bei unseren Erfahrungen als Jugendliche an. Wir setzten uns sowohl mit der Situation im Nahen Osten als auch unserem Zusammenleben in Berlin auseinander, mit dem Erbe unserer Geschichte aber auch mit unseren Sehnsüchten und Hoffnungen für eine andere Zukunft. Wir suchten mit fachlicher Unterstützung nach Worten und Formen, um das, was uns diesbezüglich bewegt, auszudrücken. In dem Theaterstück spielen nicht nur Palästinenser die Rolle von Palästinensern sondern es gibt einen Rollentausch, der einen intensiven Zugang zu dem Leben der jeweils anderen ermöglichte. Die Erfahrung der Kooperation, gegenseitiges Zuhören und Rollenspiele waren dabei ebenso wichtig für unsere Arbeit wie sich Wissen über das Thema zu erarbeiten und zu diskutieren.
Während der Arbeit veränderte sich unser Fokus, weg von der palästinensischen und der jüdischen Familie in Libanon und Israel, hin zu einem Stück über palästinensische und jüdische Jugendliche in Berlin und ihr Verhältnis zueinander. Wir erarbeiteten gemeinsam unser neues Stück „Halbmond loves Davidstern“. Es zeigt die familiären, religiösen und kulturellen Fallstricke, die mit einer solchen Liebe einhergehen und zu überwinden sind.
Wir beschäftigten uns bei der Erarbeitung dieses Stücks zwar weiterhin mit Themen wie Nahost Konflikt, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, der Beziehung zwischen Israeli und Palästinensern, aber vor allem auch mit Themen wie Tradition, Beziehung, Lebensumfeld, Religion und Liebe.
Wir lernten ehrlicher mit unseren Gefühlen und Sehnsüchten umzugehen und dabei Gemeinsamkeiten jenseits von Religion und Nationalität zu entdecken und zuzulassen.

Der Premiere am 02.07.2010 folgten mehrere Aufführungen im Interkulturellen „Garten der Künste“ in Berlin-Schöneberg.
Eine weitere Darbietung gab es in der Robert-Blum-Oberschule mit mehreren 100 SchülerInnen als Gäste, die konzentriert und aufmerksam zuschauten, was von den anwesenden Lehrerinnen und Lehrern als etwas besonderes vermerkt wurde. In der anschließenden Diskussion hoben vor allem muslimische Schülerinnen den Mut, mit solch einem Stück an die Öffentlichkeit zu gehen, hervor und drückten ihre Freude darüber aus.
Wir werden weiterhin auf Stadtteilfesten, in Schulen und Jugendeinrichtungen auftreten. Wir wollen, indem wir es aktiv vorleben und vorführen, für die Idee eines toleranten, kooperativen Miteinanders der Völker werben.
Das Stück bewegt nicht nur die Besucher aus Berlin. Es gibt eine Spiel-Anfrage aus London und Kontakt zu einer Besuchergruppe aus Israel. Auch hat eine Jugendtheatergruppe aus Hebron (YES -Theater) Interesse an einem Austausch angemeldet.

Planung für 2011:
In 2010/2011 haben wir die Erarbeitung, Produktion und Aufführung eines neuen Stücks geplant, welches das Dreiecksverhältnis Palästinenser-Israeli-Deutsche bearbeiten wird. Die Spurensuche wird beginnen in der Ausstellung „Wir waren Nachbarn“. Hier gibt es die Adressen von Häusern im Gebiet um das Pallasseum in Schöneberg, in denen ehmals jüdische Familien lebten und heute Palästinenser wohnen. Es rückt den strukturellen Kreislauf von Ausgrenzung und Vertreibung ins Blickfeld und wir wollen Antworten suchen, was notwendig ist und was wir dazu beitragen können, dass kooperatives Verhalten an die Stelle von Ausgrenzung tritt. Das Stück soll wiederum ehrenamtlich mittels spielerischer Improvisation, Recherche und Diskussion entstehen. Zur Sicherung des Erfolgs soll am Ende auch hierfür eine dramaturgische Textbearbeitung und professionelle Regie erfolgen.
Auch in 2011 wird die Premiere im Interkulturellen „Garten der Künste“ sein, gefolgt von Aufführungen in anderen Einrichtungen, insbesondere Schulen. Es ist inzwischen eine palästinensisch-israelisch-deutsche Jugendtheatergruppe geworden.

„DIE FALAFELS“ sind ein Teilprojekt des INTERKULTURELLEN „GARTENS DER KÜNSTE“ in Berlin-Schöneberg, welcher durch das Programm Soziale Stadt gefördert wird.

Das Video liegt hier: Halbmond loves Davidstern from Herbert Scherer on Vimeo.

Nach oben