„Was steckt eigentlich hinter Diskriminierung?“- diese Frage beschäftigt mich sehr. Ich bin 15 Jahre alt und beobachte seit längerer Zeit, wie auf der Straße, an meiner Schule oder am Flughafen verschiedene Menschen aufgrund eines bestimmten Teils ihrer Identität ständig benachteiligt werden. Seitdem ich angefangen habe, mich mehr mit dieser Problematik auseinanderzusetzen, tauchen ständig sogenannte Antidiskriminierungsbeiträge auf meinem Instagram-Feed auf, die zum Großteil die gleiche Message haben: „Mit Rassismus sofort aufhören!“, „Weg mit der Homophobie!“ oder „Keine Toleranz für Sexisten!“. Einerseits bin ich natürlich mit all diesen Aussagen einverstanden. Ich glaube auch, dass sie als Empowerment und Motivation für benachteiligte Gruppen dienen können, genauso für Aktivist*innen, die für diese Gruppen als sogenannte Allys fungieren. Andererseits bezweifle ich, dass diese Rhetorik gerade diejenigen inspirieren könnte, anders zu handeln, die Alltagsdiskriminierung verursachen. Es ist oft effektiver, ein Problem an seinen Wurzeln zu packen, als nur gegen das Resultat anzukämpfen. Ich bin der Meinung, dass bei Diskriminierung diese Wurzeln in vielen Fällen unsere Vorurteile sind. Ziel meines Instagram-Projekts „Wait! Really?“ ist es daher, Vorurteile, sowie unüberlegte Handlungen, die daraus resultieren, zu reduzieren.
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Kann man Vorurteile überhaupt abschaffen? Schließlich werden Klischees in unserer Gesellschaft durch die Medien täglich reproduziert, nicht zu sprechen davon, dass der Mensch schon immer Vorurteile hatte – dieses Argument wurde mir schon so oft entgegengebracht, als ich anderen meine Idee präsentierte. Zu gewissem Maße muss ich dem auch zustimmen, denn wenn unsere Vorfahren z.B. gewusst hätten, dass bestimmte rote Beeren giftig sind, hätten sie auch wahrscheinlich nicht riskiert, eine rot-orangene Beere zu kosten. Bei der Begegnung mit einer Großkatze, deren gefährliche Artenverwandten sie schon gekannt hätten, hätten sie vermutlich nicht versucht, sich mit ihr anzufreunden. In diesen Situationen wäre also das Handeln entsprechend ihrer Vorurteile die einzige Option gewesen. Doch man kann natürlich keiner Beere oder keiner Wildkatze Fragen über ihre Identität stellen und ein Dialog mit ihnen angehen. Zwischen uns und unseren Mitmenschen ist dieser Prozess jedoch möglich und sogar leicht umsetzbar. Wir können unsere Vorurteile vielleicht nicht vollständig beiseitestellen, meist haben wir aber die Wahl, ob wir diesen „blind“ vertrauen und ihnen entsprechend handeln, oder sie kritisch hinterfragen und nachprüfen. Um in den Menschen bestenfalls die letztere Reaktion hervorzurufen, poste ich auf „Wait! Really?“ die Geschichten bzw. Erfahrungen verschiedener Personen, die mit falschen Vorurteilen zu kämpfen haben. Ich versuche also, die Klischees über verschiedene Menschengruppen in unserer Gesellschaft durch „Negativbeispiele“ zu widerlegen. Wenn wir die Tatsache im Hinterkopf behalten, dass Verallgemeinerung immer problematisch ist, denken wir beim nächsten Mal vielleicht etwas länger nach, bevor wir z.B. die Straßenseite wechseln, um einem muslimisch-gelesenen Mann auszuweichen.
Auf meiner Instagram-Seite stelle ich meinen „Interviewpartner*innen“ immer die folgenden zwei Fragen auf Englisch:
1.“Wer bist du/Wie würdest du dich vorstellen?
2.“Welche falschen Vorurteile haben andere über dich?“
Ich habe mich dabei für die englische Sprache entschieden, um möglichst viele Menschen auf der ganzen Welt erreichen zu können. Die Beiträge enthalten jeweils ein Portrait der gefragten Person, sowie ihre Antworten. Durch diese spannenden Geschichten kommt also hoffentlich (auch, wenn eher auf indirekter Weise) die Message an: „You cannot judje a book by its cover.“